Die Fragen! Ich frage und bekomme Antworten dadurch, dass ich Bilder mache? Andererseits heißt Fotografieren doch lediglich erkennen. Anders, was ich nicht erkenne, fotografiere ich nicht, weil ich es gar nicht sehe. Neben allen wichtigen Fragen des Was und des Warum, was fotografiere ich und warum, ist aus heutiger Sicht das Wie wieder von zentraler Bedeutung. Die fortschreitende Digitalisierung stellt die verständliche Frage, ob die analoge Fotografie überhaupt noch zeitgemäß ist.
Der analoge technische Prozess unterscheidet sich auch inhaltlich vom digitalen. Der Unterschied liegt in der digital möglichen Kontrolle der gemachten Bilder. Musste ich früher meinen technischen und formalen Fähigkeiten vertrauen, so ist es mir mit einer digitalen Kamera heute möglich, dieses, mein Können, ständig zu kontrollieren. Dieses „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ schafft ein Zufriedensein durch Auswahl vor Ort, ich lösche die Bilder, die meinen Kriterien nicht entsprechen.
Fotografie ist mein Sammeln von Erinnerungen, ein langsames Sattwerden, um endlich Abstand davon nehmen zu können. Fotografie ist eine Strategie gegen meine Angst vor dem Verlust. Ich benutze Fotografie immer für dasselbe: fest halten, sichtbar machen, deutlich machen und zurück holen, im Sinne von Erinnerung. Aber auch ich frage mit ihr, der Fotografie. Nur sie, diese fotografierte Welt, gibt mir keine Antwort. Keine entscheidende zumindest, denn durch sie wird mir lediglich die Zeit bewusst im Sinne von Geschwindigkeit und somit auch meine Vergänglichkeit. Ich spüre durch sie, dass ich sterblich bin.
André Gelpke 2012